U+C Gegnerliste geht nach hinten los

01.09.2012

Heute wollte die für Abmahnungen berüchtigte Anwaltskanzlei U + C aus Regensburg ihre Gegnerliste ins Netz stellen, mutmaßlich um Anschlussinhaber einen zusätzlichen Anreiz zu bieten, die meist völlig überzogenen und häufig unbegründeten Forderungen der Kanzlei U + C zu bedienen. Der Coup war medial gut gestreut. Alleine die Ankündigung ab dem 1.9. online gehen zu wollen verschaffte der Kanzlei Schlagzeilen in allen wichtigen Medien. Die erwartete Kritik und Gegenwehr ließ aber auch nicht lange auf sich warten. Bis heute sind zwei einstweiligen Verfügungen des LG Essen und AG Regensburg, sowie eine Anordnung des Bayerischen Landesamts für Datenschutz bekannt geworden, mit der die Veröffentlichung untersagt wird.

Urmann und Collegen will von seinem irren Vorhaben gleichwohl nicht abrücken. Man werde sich dem Druck nicht beugen, schreiben die Anwälte aktuell auf Ihrer Seite. Zwar werde man während des Verfahrens keine Gegner veröffentlichen, das Vorhaben besteht jedoch fort. Damit liefert U+C genau die Vorlage für eine breit angelegte Gegenabmahnwelle, auf die manche Betroffene lange gewartet haben. Die Kanzlei selbst ist jetzt Empfängerin von Abmahnungen und einstweiligen Verfügungen mit dem kleinen Unterschied, dass die jetzigen Antragssteller das Recht eindeutig auf ihrer Seite haben und es effizient durchsetzen können.

Wie ist die Rechtslage für ein Vorgehen gegen U+C?

U+C beruft sich auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, 1 BvR 1625/06 vom 12.12.2007) wonach es Anwälten gestattet sein soll, unter bestimmten Voraussetzungen zum Zwecke der Werbung Namen von Gegnern in sogenannten Gegnerlisten zu veröffentlichen. Dem BVerfG lag der Fall zu Grunde, dass eine auf Kapitalmarktrecht spezialisierte Kanzlei Unternehmen aufgezählt hatte, gegen die sie mandatiert wurde (z.B. Banken, Fonds oder Vermittler). Die Liste hatte u.a. den Zweck, neue Mandanten, die mit den Unternehmen im Rechtsstreit liegen (könnten) zu akquirieren, was das BVerfG als schützenswert nach Art. 12 GG ansah.

U+C hat sich vermutlich nicht wirklich darum bemüht, die Voraussetzungen und Grenzen dieser Rechtsprechung zu analysieren und auf den eigenen Fall anzuwenden. Wie das LG Essen zutreffend ausführt, bietet das BVerfG keine Rechtfertigung für die von Urmann + Collegen beabsichtigte grobe Verletzung von Persönlichkeitsrechten natürlicher Personen. Welchen Werbeeffekt soll es haben, wenn U+C veröffentlicht, dass es gegen einen Herrn N. N. wegen Urheberrechtsverletzungen mandatiert wurde? Welchen Zweck soll es statt dessen haben, wenn man gerade die Namen von Polizeidienststellen, arabische Botschaften oder kirchliche Einrichtungen bloßstellen will? Bekannt ist, dass U+C hauptsächlich Verletzung von Porno-Inhalten verfolgt. Die Nennung auf der U+C Liste stellt damit schon die Vermutung in den Raum, der benannte könne illegal Pornos im Netz getauscht haben. Dabei wissen wir aus unseren eigenen Fällen, dass der von U+C in Anspruch genommene Inhaber des DSL-Anschlusses sehr häufig mit den angeblich getautschten Inhalten nichts zu tun hat.

Was können Betroffene tun?

Wenn Sie von U+C (und hiernach von der Debcon GmbH) in Anspruch genommen wurden, können Sie den Spieß umdrehen. Die Androhung, die Namen zu veröffentlichen ist nach wie vor akut, selbst wenn eine Veröffentlichung zunächst verschoben wurde. Wir sind der Auffassung, dass auch vor der Veröffentlichung eine Erstbegehungsgefahr besteht, die Unterlassungsansprüche gegen die Kanzlei U+C und deren Geschäftsführer auslöst. Die Verschiebung hebt die Erstbegehungsgefahr nicht auf, da U+C grundsätzlich an dem Vorhaben festhalten will. Auch die Dringlichkeit für den Erlass einer Verfügung im einstweiligen Rechtsschutz ist nach unserer Auffassung nicht weggefallen, da nicht ersichtlich ist, wie lange ein Vorgehen gegen das Landesamt für Datenschutz dauern wird. Betroffene müssen damit rechnen, dass eine Veröffentlichung jederzeit anstehen kann.

Was ist mit den Kosten?

Sowohl eine Abmahnung als auch eine Verfügung sind mit Kosten verbunden. In den bisher bekannt gewordenen Fällen, hatte U+C die Kosten zu tragen. Private Rechtsschutzversicherungen sollten für diese Fälle Deckung gewähren. Zwar ist Urheberrecht in den meisten Policen ausgeschlossen, so dass die von U+C ausgesprochenen Abmahnungen nicht gedeckt waren, die Verteidigung gegen Ansprüche aus Persönlichkeitsrecht sollten jedoch von jeder Rechtsschutzversicherung übernommen werden.

Eine Verrechnung mit Gegenansprüchen von U+C ist nicht direkt möglich. U+C tritt als Vertreter der Rechtsinhaber auf und macht (zumindest offiziell) keinen eigenen Anspruch geltend. Die Kostenerstattungsansprüche, die ein Abmahner gegen U+C erwirbt, richten sich gegen die Anwälte direkt.

Sollte ich lieber abwarten, was passiert?

Zunächst klingen die ergangenen Verfügungen und die Reaktion von Urmann + Collegen nach Entwarnung. Bei besonnen abwägenden Gegnern würden wir erwarten, dass man das verrückte Vorhaben der Gegnerlisten sofort und endgültig aufgibt. U+C hat aber klar gemacht, dass man sich gegen die Verbote mit allen Mitteln wehren will. Zwar waren Ankündigungen und Drohungen von U+C auch in der Vergangenheit häufig Schall und Rauch, genauso war aber auch ein einsichtiges Nachgeben selten auszumachen. Wir empfehlen unseren Mandanten daher, die Ankündigungen von U+C nicht hinzunehmen. Derzeit besteht noch die Möglichkeit, im Wege einer einstweiligen Verfügung vorzugehen. Diese Möglichkeit besteht nicht mehr, wenn man durch Zuwarten erkennen lässt, dass keine Dringlichkeit gegeben ist. Der Anspruch müsste dann im Wege der Hauptsacheklage durchgesetzt werden; erst bei einer tatsächlichen Veröffentlichung würde die Dringlichkeit evtl. wieder neu aufleben.

Bei dieser Abwägung raten wir derzeit zumindest denjenigen zu einem sofortigen Vorgehen gegen U+C, die entweder rechtsschutzversichert sind oder erhebliche Nachteile bei einer Veröffentlichung zu befürchten haben.