OLG Braunschweig: Radikale Kürzung von Schadensersatz und Kostenerstattung

20.08.2012

Ein vor kurzem ergangenes Urteil zur unberechtigten Nutzung von Fotografien im Rahmen von einem eBay-Verkauf wollen wir Ihnen nicht vorenthalten, da das Gericht hier die vom Rechteinhaber geltend gemachten Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche drastisch gekürzt hat. Dies hatte zunächst schon das Landgericht Braunschweig in der I. Instanz entsprechend entschieden, das OLG Braunschweig war in der Berufungsinstanz mit Urteil vom 08.02.2012, Az. 2 U 7/11, noch drastischer.

Dem Fall zugrunde lag folgender Sachverhalt: Der Beklagte hatte für seinen eBay-Verkauf mehrere Fotografien eines technischen Gerätes des Klägers verwendet. Dieser hatte mit der Abmahnung Unterlassung, Schadensersatz in Höhe von 150,00 € pro Foto sowie einen 100 %igen Verletzerzuschlag und Abmahnkosten aus einem Streitwert von 11.200,00 € gefordert. Das Landgericht Braunschweig sah einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 500,00 € und Kostenerstattung in Höhe von 100,00 € gegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg, das OLG Braunschweig war dabei noch strenger als das Landgericht.

 

 

Der Kläger berechnete seinen Schadensersatz auf Grundlage der Honorarempfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM-Empfehlungen) und vertrat die Meinung, dass für die Nutzung somit aufgrund Lizenzanalogie ein Betrag von 150,00 € zu zahlen sei. Nachdem er nicht als Urheber genannt worden war, schlug er davon pro Foto noch 100 % als sogenannten „Verletzerzuschlag“ auf. Über dieses Konstrukt werden Rechteinhabern von Gerichten immer wieder Kompensationen zugebilligt, wenn ihre Urheberschaft bei der Verletzungshandlung explizit nicht anerkannt wurde. Kosten forderte der Fotograf auf Grundlage einer Berechnung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, indem er einen Streitwert von insgesamt 11.200,00 €, davon 10.000,00 € für die eingeklagte Unterlassung und 1.200,00 € für den gesamten Schadenersatz, angesetzt hat. Bei Zugrundelegen einer 1,3 Geschäftsgebühr ergibt sich, incl. Auslagenpauschale und Umsatzsteuer, ein errechneter Gesamtbetrag von 837,52 €.

Nach Klageerhebung gab der Beklagte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab und erkannte einen Schadensersatzanspruch lediglich in Höhe von 400,00 € sowie die Freistellung von Anwaltskosten in Höhe von 100,00 € an. Der Unterlassungsanspruch war somit erledigt. Nachdem der Beklagte zur Verhandlung nicht erschien, erließ das Landgericht aufgrund teilweisen Anerkenntnisses und teilweiser Säumnis am 20.12.2010 ein Urteil, indem der Schadensersatz auf 500,00 € beziffert wurde und die Kosten mit 100,00 € angesetzt wurden.

Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung hin zunächst ausgeführt, dass eine Freistellung von Anwaltskosten nur in einem Umfang von 100,00 € erfolgen müsse, da im vorliegenden Fall § 97 a Abs. 2 UrhG die Anwaltskosten auf eben 100,00 € beschränke. Denn bei einer solchen Abmahnung handele es sich um einen einfach gelagerten Fall, da die Rechtsverletzung ohne weiteres festgestellt werden kann. Interessant ist auch, dass das Gericht ausführt, dass auch bei Verwendung mehrerer Fotos noch eine unerhebliche Rechtsverletzung im Sinne dieser Vorschrift vorliegt. Es wurde bereits die Ansicht vertreten, dass alleine bei Verwendung lediglich eines Bildes die Deckelung der Abmahnkosten greifen könne, dem erteilt das OLG Braunschweig eine Absage. Die Anwendung des § 97 a Abs. 2 UrhG kam dem Beklagten hier zugute, da er bei Verwendung der Bilder privat gehandelt habe. Alleine aus der Anzahl der Bewertungen könne nichts anderes geschlossen werden, da nach Überblick über dessen weitere Aktivitäten lediglich Einzelstücke verkauft wurden und diese auch nicht im erforderlichen Umfang für eine gewerbliche Tätigkeit.

Sehr weit geht das Gericht, da es sogar ausführt, dass der Kläger eigentlich gar keine Anwaltskosten hätte verlangen können, nachdem er diese Abmahnung ohne weiteres selbst hätte durchführen können. Aufgrund bereits mehrfach vorher durchgeführter gleichgelagerter Fälle hätte der Kläger selbst die erforderlichen Kenntnisse gehabt. Nun können jedoch die Reaktionen der Betroffenen auf derartige Abmahnungen von den unterschiedlichsten Strategien geprägt sein, so dass sich diese Aussage in der Pauschalisierung wohl nicht halten lassen kann.

Positiv für Betroffene solcher eBay-Bildrechtsabmahnungen ist weiter, dass das Gericht ausdrücklich und ausführlich dazu Stellung nimmt, dass ein Schadensersatz von 150,00 € pro verwendetem Foto im Rahmen einer eBay-Auktion samt 100 %igen Verletzerzuschlag nicht gefordert werden könne. Vielmehr geht das Gericht von einem angemessenen Schadensersatzbetrag von 20,00 € pro verwendetem Bild ohne Zuschlag für fehlende Urhebernennung aus. Dies wird damit begründet, dass die sogenannten MFM-Empfehlungen auf derartige Fälle nicht angewendet werden könne. Grund dafür sei, dass diese eine Grundlage für gewerbliche Nutzungen von Bildern seien, was nicht in den privaten Bereich übertragen werden könne. Diese Absage an eine sture Anwendung der dort aufgestellten Vergütungssätze auch auf anders gelagerte Fälle ist zu begrüßen und wird sich hoffentlich verbreiten. Nachdem der Kläger selbst auch nicht vortragen und nachweisen konnte, dass es ihm schon gelungen sei, seine Bilder für diese Zwecke zu diesen Lizenzgebühren weiterzugeben, konnte er sich betreffend der Höhe der geltend gemachten Schadensersatzforderungen auch nicht auf eine derartige Übung berufen. Das Gericht bezieht in seine Erwägung vielmehr mit ein, dass eine Privatperson, sollte sie tatsächlich eine Fotolizenzierung beabsichtigen, mangels Gewinnspanne keine entsprechend hohen Lizenzkosten einkalkulieren könne, schon gar nicht solche, die den voraussichtlichen Verkaufserlös des zu veräußernden Gegenstandes erreichen oder überschreiten. In der Abwägung kommt schließlich, auch unter Berücksichtigung der guten Qualität des Bildes, der Betrag von 20,00 € heraus. Dem Verletzerzuschlag erteilt das Gericht eine Absage, da der Kläger als Rechteinhaber bei Annahme dieser Konstruktion mehr erhielte, als er bei einem rechtmäßigen Verhalten des Verletzers erhalten hätte.

Alles in allem ist das somit kein gutes Urteil für Abmahnkanzleien und Rechteinhaber, die aus der Verwendung von einfachen Fotografien in eBay-Auktionen finanziell etwas herausholen möchten. Es bleibt zu hoffen, dass sich diese Einzelfallentscheidung wiederholt. Empfehlenswert ist angesichts dessen auf jeden Fall, bei einer erhaltenen Bildrechtsabmahnung den zugrunde liegenden Sachverhalt und die erhobenen Ansprüche genau zu prüfen, da nicht jeder Sachverhalt gleich gelagert ist und nicht jede Argumentation pauschal übertragen werden kann.