Referentenentwurf gegen unseriöse Geschäftspraktiken

24.04.2012

Kürzlich wurde der angeblich „geleakte“ Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz für ein Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken publik. Im Rahmen dieses Entwurfs soll unter anderem das Urheberrechtsgesetz geändert werden, insbesondere der für Abmahnungen auch im Filesharing-Bereich relevante § 97 a UrhG. Interessant ist vor allem ein neuer Absatz 3, nach dem ein zu Unrecht in Anspruch genommener Anschlussinhaber in einer Abmahnung Ersatz der für die Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen – regelmäßig die Anwaltskosten – verlangen können soll (§ 97 a Abs. 3 RefE-UrhG).

Von Brisanz dürfte allerdings eine neuartige Deckelung der Abmahnkosten sein, die zukünftig nicht mehr – wie dies § 97 a Abs. 2 UrhG derzeit noch vorsieht – 100,00 € in einfach gelagerten Fällen betragen soll. Vielmehr wird in § 97 a Abs. 2 RefE-UrhG auf einen ebenfalls neu einzuführenden § 49 des Gerichtskostengesetzes (GKG) verwiesen. Diese Vorschrift bezieht sich ausschließlich auf Urheberrechtsstreitsachen und deckelt bereits den Streitwert für einen Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch auf 500,00 €, stellt allerdings zusätzliche Voraussetzungen für diese Streitwertbegrenzung auf. Die Begrenzung soll nur dann in Betracht kommen, wenn der auf Unterlassung oder Beseitigung in Anspruch genommene
  1. eine natürliche Person ist, die urheberrechtliche Werke oder durch verwandte Schutzrechte geschützte Leistungen nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet, und 
  2. nicht bereits wegen eines Anspruchs des Klägers durch Vertrag, aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung oder einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verpflichtet ist.

Die Rechtsanwaltskosten für eine Abmahnung orientieren sich regelmäßig am Streitwert , der derzeit von den Kanzleien, die wegen Urheberrechtsverletzungen über Tauschbörsen im Internet im großen Ausmaß Abmahnungen verschicken, oft im erhöhten fünfstelligen Bereich angesetzt wird und daher einen Kostenerstattungsanspruch meist im vierstelligen Bereich begründen. Nach dem Referentenentwurf soll pauschal unter eingeschränkten Voraussetzung bereits der Streitwert auf 500,00 € gedeckelt sein. Diese Streitwertdeckelung führt dazu, dass lediglich Abmahnkosten in Höhe von 58,50 € netto (auf Grundlage einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr) von den abmahnenden Kanzleien verlangt werden können (§ 97 a Abs. 2 Satz 2 RefE-UrhG i.V.m. § 49 RefE-GKG). Zuzüglich einer Pauschale von 11,70 € für Post und Telekommunikation bedeutet dies einen „Verdienst“ für den Anwalt von 70,20 € netto bzw. 83,50 € brutto. Es stellt sich die Frage, ob damit der Kostenanreiz für Massenabmahnungen wegfällt und diesem gerade im Filesharing zu beobachtenden Phänomen mit einer solchen gesetzlichen Neuregelung Einhalt geboten werden kann.

Man darf mit Spannung abwarten, welches Schicksal der Referentenentwurf im weiteren Gesetzgebungsverfahren nimmt und was danach noch von den begrüßenswerten Initiativvorschlägen des Justizministeriums übrig bleiben wird.