Abmahnungen wegen Impressumsangaben

Noch immer verschicken Abmahnanwälte mit fadenscheinigen Argumenten und bizarren Konkurrenzverhältnissen Abmahnungen wegen angeblicher Verstöße gegen Wettbewerbsrecht. Sie verlangen Unterlassungserklärungen, vor allem aber Geld.

Ein Würzburger Elektriker staunt nicht schlecht, als er eines Morgens Post von einem Anwalt bekommt. Angeblich gebe es in Bochum einen Kollegen, der sich so sehr an der Internetseite des Würzburger Kollegen stört, dass er einen Anwalt beauftragt habe. Auf der Internetseite fehlten die Umsatzsteueridentifikationsnummer und die Angabe zur zuständigen Handwerkskammer. Dieser Verstoß soll künftig mit einer Vertragsstrafe von 5.100,00 € bewehrt werden und für das Abmahnschreiben mögen doch die tatsächlich entstandenen Aufwendungen in Höhe von 755,80 € erstattet werden.

In der Abmahnung wird wortreich und unter Angabe von zahlreichen Paragrafen und Gerichtsentscheidungen ausgeführt, dass sich der Würzburger Elektriker einen Wettbewerbsvorsprung verschaffe, indem er gegen Verbraucher schützende Vorschriften des Telemediengesetzes, insbesondere § 5 TMG verstoße. Dies sei automatisch ein Wettbewerbsverstoß und löse Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche aus. Die geltend gemachten Anwaltskosten seien dem Kollegen angeblich entstanden und müssten nach § 12 UWG ersetzt werden. Der Wert des Verstoßes betrage angeblich 15.000,00 €, da dies das Interesse des Verletzten darstelle, dass keine weitere Wettbewerbsverletzung begangen werde.

Der Würzburger Elektriker hält das Schreiben zunächst für einen Witz, dafür fehlt es jedoch an der Pointe. Ein Nachschlagen der gesetzlichen Vorschriften erweckt den Eindruck, dass tatsächlich etwas dran sein könnte. Von dem ersten Impuls, das Schreiben dem Papierkorb anzuvertrauen, nimmt er daher Abstand und erkundigt sich im Internet oder bei einem spezialisierten Rechtsanwalt nach der tatsächlichen Rechtslage.

 

 

Liegt tatsächlich ein Verstoß vor?

Voraussetzungen für die Berechtigung einer Abmahnung ist natürlich, dass tatsächlich ein Wettbewerbsverstoß vorliegt. Hierfür reicht es nicht aus, dass nur gegen irgendeine gesetzliche Vorschrift verstoßen wurde. Für Teledienste gilt die Verpflichtung des Anbieters nach § 5 TMG, ein vollständiges Impressum mit bestimmten Angaben bereitzuhalten. Die Vorschrift lautet:

§ 5
Allgemeine Informationspflichten

(1) Diensteanbieter haben für geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten:

1.

den Namen und die Anschrift, unter der sie niedergelassen sind, bei juristischen Personen zusätzlich die Rechtsform, den Vertretungsberechtigten und, sofern Angaben über das Kapital der Gesellschaft gemacht werden, das Stamm- oder Grundkapital sowie, wenn nicht alle in Geld zu leistenden Einlagen eingezahlt sind, der Gesamtbetrag der ausstehenden Einlagen,

2.

Angaben, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation mit ihnen ermöglichen, einschließlich der Adresse der elektronischen Post,

3.

soweit der Dienst im Rahmen einer Tätigkeit angeboten oder erbracht wird, die der behördlichen Zulassung bedarf, Angaben zur zuständigen Aufsichtsbehörde,

4.

das Handelsregister, Vereinsregister, Partnerschaftsregister oder Genossenschaftsregister, in das sie eingetragen sind, und die entsprechende Registernummer,

5.

soweit der Dienst in Ausübung eines Berufs im Sinne von Artikel 1 Buchstabe d der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (ABl. EG Nr. L 19 S. 16), oder im Sinne von Artikel 1 Buchstabe f der Richtlinie 92/51/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG (ABl. EG Nr. L 209 S. 25, 1995 Nr. L 17 S. 20), zuletzt geändert durch die Richtlinie 97/38/EG der Kommission vom 20. Juni 1997 (ABl. EG Nr. L 184 S. 31), angeboten oder erbracht wird, Angaben über

a)

die Kammer, welcher die Diensteanbieter angehören,

b)

die gesetzliche Berufsbezeichnung und den Staat, in dem die Berufsbezeichnung verliehen worden ist,

c)

die Bezeichnung der berufsrechtlichen Regelungen und dazu, wie diese zugänglich sind,

6.

in Fällen, in denen sie eine Umsatzsteueridentifikationsnummer nach § 27a des Umsatzsteuergesetzes oder eine Wirtschafts-Identifikationsnummer nach § 139c der Abgabenordnung besitzen, die Angabe dieser Nummer,

7.

bei Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die sich in Abwicklung oder Liquidation befinden, die Angabe hierüber.

(2) Weitergehende Informationspflichten nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

Wer diese Vorschrift nicht kennt, vergisst häufig die eine oder andere Pflichtangabe. Im vorliegenden Fall musste der Elektriker tatsächlich die Umsatzsteueridentifikationsnummer und seine zuständige Aufsichtsbehörde angeben. Ein Verstoß gegen § 5 TMG liegt also zunächst vor.

Nicht jeder Verstoß begründet jedoch gleich einen Wettbewerbsverstoß und schon gar nicht einen Unterlassungsanspruch eines beliebigen Berufskollegen. Gerade bei den in den letzten Jahren massenhaft versendeten Abmahnungen wegen angeblich fehlerhaften Impressumangaben hat die Rechtsprechung in den letzten Jahren reagiert und immer häufiger die Bagatellklausel des § 3 UWG zur Anwendung gebracht. Danach kann aus unerheblichen Wettbewerbsverstößen kein Anspruch abgeleitet werden. Mit dieser Vorschrift kommen die Richter zu dem Ergebnis, dass jedem vernünftig denkenden Nichtjuristen ohnehin sofort einleuchtet, dass nämlich wegen einer solchen Kleinigkeit kein erfolgreicher Prozess geführt werden darf.

Die Anwendung dieser Bagatellregelung ist jedoch noch nicht flächendeckend durchgesetzt. Es kommt auch auf die Umstände des Einzelfalls an, insbesondere welche Angaben fehlten und welche Auswirkungen dies auf das Verhältnis der Parteien zueinander hatte.

Eine weitere Voraussetzung für einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch ist das Bestehen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses. Die Abmahnung stammte von einem Anwalt im Auftrag eines Handwerkers mit gleichem Beruf. Der Würzburger Elektriker fragte völlig zu Recht: „Was hat der Kollege in Bochum mit meinem Betrieb zu tun, was stört das den?“

Tatsächlich fehlt es an einem Wettbewerbsverhältnis wenn die Parteien in räumlich unterschiedlichen Bereichen tätig sind. Alleine die Tatsache, dass einer der beiden Beteiligten im Internet vertreten ist, führt noch nicht zu einer weltweiten Ausdehnung des relevanten Marktes. Gerade bei Dienstleistungen, die persönlich und vor Ort erbracht werden, reicht das konkrete Wettbewerbsverhältnis nicht weit über die Stadtgrenze hinaus.

Die in den Abmahnungen geltend gemachten Gegenstandswerte sind häufig völlig überzogen. Zwar stehen Anwälten gewisse Abrechnungsspielräume zu. Gerade bei Wettbewerbsverstößen im Bagatellbereich werden jedoch häufig Gegenstandswerte nach unten korrigiert. Der Gegenstandswert ist Grundlage für die Berechnung der Abmahnkosten.

Die Berechtigung einer Abmahnung, selbst bei einem relevanten und erheblichen Wettbewerbsverstoß, kann auch daran scheitern, dass die Abmahnung vordringlich zu dem Zweck ausgesprochen wurde, einen Kostenerstattungsanspruch zu erzielen. Dies ist häufig dann der Fall, wenn Marktteilnehmer massenhafte Abmahnungen verschicken und ihre Ansprüche vor Gericht nicht weiterverfolgen. Dieser Umstand ist jedoch häufig schwer zu beweisen, da nicht immer ermittelt werden kann, wie aktiv der Abmahner in der Vergangenheit gewesen ist.

Der Kostenerstattungsanspruch des Abmahners scheitert gelegentlich auch daran, dass er mit diesen Kosten in Wirklichkeit gar nicht belastet war. Gerade bei Massenabmahnungen wird häufig zwischen Anwalt und Abmahner vereinbart, dass Kosten nur denn entstehen sollen, wenn diese vom Gegner getragen werden. Kaum ein Auftraggeber geht nämlich tatsächlich das Risiko ein, für jede Abmahnung zwischen 600,00 € und 2.000,00 €, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens, bezahlen zu müssen. Bei näherem Nachdenken wird damit klar, dass bei vielen der Massenabmahnungen die Initiative für die massenhaften Abmahnungen eher vom beauftragten Anwalt als von dem angeblich so schwer verletzten Abmahner ausgeht. Diese Behauptung lässt sich sicherlich nicht pauschalieren und in den meisten Fällen schwer beweisen. Vor Gericht muss der Abgemahnte jedoch darlegen, dass er tatsächlich dem geltend gemachten Kostenanspruch ausgesetzt ist oder diese Kosten bereits bezahlt hat.

Wie reagiert man auf Abmahnungen?

Natürlich ist es eine naheliegende Möglichkeit, die Abmahnungen von vorneherein zu ignorieren. Hierdurch spart man sich eigenen Aufwand. Das Risiko, gerichtlich auf Unterlassung und Kostenerstattung in Anspruch genommen zu werden, besteht jedoch, da manche der Abmahnungen, selbst wenn sie massenhaft verschickt werden, im Ergebnis doch berechtigt sind. Die Prüfung der Berechtigung kann zwar jeder Anhand von Gesetz und Rechtsprechung selbst ermitteln, bei komplizierteren Sachverhalten liegt es jedoch nahe, fachkundige Hilfe zu Rate zu ziehen.

Eine erste Einschätzung zu einer Abmahnung kann schon in einem ersten Beratungsgespräch gefunden werden. Der hierbei entstehende außergerichtliche Aufwand ist damit begrenzt, sofern der beauftragte Anwalt nach Zeit und nicht nach Gegenstandswerten abrechnet. Wenn Sie möchten, können Sie uns die Ihnen zugegangene Abmahnung für die Vereinbarung eines ersten persönlichen oder telefonischen Beratungsgespräches zusenden. Wir übersenden Ihnen die nötigen Unterlagen für eine entsprechende Beauftragung. Sie können aber auch für ein kurzes und unverbindliches Gespräch in unserer Kanzlei anrufen.