Verstöße gegen Datenschutzrecht wettbewerbsrechtlich abmahnfähig?

30.08.2012

Das OLG Karlsruhe sieht in einer aktuellen Entscheidung Datenschutzvorschriften als wettbewerbsrelevante Marktverhaltensregelungen und damit als abmahnfähig an.

 

 

Unterschiedliche Gerichtsentscheidungen führen zur Rechtsunsicherheit

Als erstes Gericht hatte sich das Berliner Kammergericht mit der Frage zu beschäftigen, ob datenschutzrechtliche Verstöße wettbewerbsrechtlich sanktioniert werden können. In der Entscheidung ging es um die Einbindung des Facebook-Like-Buttons auf eine Internetseite, die im Streitfall nicht datenschutzkonform erfolgte, d. h. der Nutzer nicht, wie es die gesetzliche Vorschrift des § 13 TMG vorsieht, über die datenschutzrelevanten Vorgänge bei Einbindung des Facebook-Like-Buttons informiert worden ist. Das Kammergericht lehnte einen Wettbewerbsverstoß ab, da die datenschutzrechtliche Norm des § 13 TMG nicht als sog. Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG anzusehen sei.

Die Entscheidung ist jedoch nicht ohne Kritik geblieben und hinsichtlich der Frage der Wettbewerbsrelevanz nicht nachvollziehbar. Denn ein Unternehmen kann sich durchaus gegenüber einem Mitbewerber durch die nicht datenschutzkonforme Einbindung des Facebook-Like-Buttons einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, sei es auch nur deswegen, weil es sich bestimmte Investitionen für die datenschutzkonforme Einbindung des Like-Buttons ersparen will.

Neben dem Kammergericht lehnen das OLG München, das OLG Frankfurt am Main, das OLG Hamburg und das OLG Düsseldorf ebenfalls einen Marktbezug datenschutzrechtlicher Normen ab. Ein Marktbezug wurde dagegen von anderen Oberlandesgerichten, nämlich dem OLG Köln, dem OLG Stuttgart und dem OLG Naumburg, angenommen. Hintergrund der gegenläufigen Entscheidungen ist juristisch dogmatisch eine grundsätzlich unterschiedliche Auffassung zur Funktion des Datenschutzrechts. Im Vordergrund datenschutzrechtlicher Normen stehe vor allem das Recht auf Datenschutz bzw. informationelle Selbstbestimmung des betroffenen Internetnutzers, wobei grundsätzlich keine wirtschaftlichen Interessen des Internetnutzers als Verbraucher geschützt seien. Sehr restriktiv lehnen diese Gerichte eine Kongruenz von Datenschutz- und Wettbewerbsrecht ab (vgl. Schröder, ZD 2012, 193). Die andere Linie der Instanzgerichte sehen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gerade nicht wettbewerbsneutral und erkennen zutreffend, dass auch eine dem Schutz von Rechten oder Rechtsgütern dienende Vorschrift dann eine Marktverhaltensvorschrift sei, wenn das geschützte Interesse gerade durch die Marktteilnahme berührt werde.

Was droht bei Verstößen gegen Datenschutzvorschriften?

Auf der zutreffenden Linie der Gerichte, die einen Marktbezug datenschutzrechtlicher Vorschriften annehmen, kann vorsichtig prognostiziert werden, dass zukünftig Verletzung von Datenschutzvorschriften immer öfter Gegenstand von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen sein werden. Die bisherige Zurückhaltung mit solchen Abmahnungen ist sicherlich der weit verbreiteten Entscheidung des KG zum Facebook-Like-Button geschuldet. In der anerkennenswerten Kongruenz von Datenschutz- und Wettbewerbsrecht ist nämlich zu berücksichtigen, dass sich ein im Internet werbendes Unternehmen durchaus über die Verletzung von Datenschutzvorschriften einen Wettbewerbsvorteil gegenüber einem Unternehmen, das sich datenschutzkonform verhält, verschaffen kann, insbesondere wenn es um Verweise auf Social-Media-Dienste oder die Einbindung von Plug-ins dieser Dienste geht.

Die Zurückhaltung mit wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen von Datenschutzverstößen ist sicherlich auch dem Umstand geschuldet, dass diese Rechtfrage obergerichtlich noch nicht durch den BGH geklärt ist. Hierzu wird der BGH aber in absehbarer Zeit Gelegenheit haben, da eine Entscheidung des OLG Köln dem BGH im Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen I ZR 224/10 zur Überprüfung vorliegt.

Was können Sie tun?

Unternehmen mit Internetpräsenzen ist zu empfehlen, auch den Datenschutz nicht aus dem Fokus bei der Gestaltung der eigenen Internetpräsenz auszublenden und die notwendigen Vorkehrungen, insbesondere bei der beabsichtigten Einbindung von Social-Media-Plug-ins bzw. Verweisen auf die entsprechenden Dienste, zu treffen. Eine Datenschutzerklärung, die über relevanten datenschutzrechtlichen Vorgänge auf der eigenen Internetseite aufklärt, sollte auf jeden Fall abrufbar sein.