Ansprüche in der Abmahnung

Unterlassungsanspruch

An erster Stelle wird stets die Abgabe einer Unterlassungserklärung geltend gemacht. In dieser Erklärung soll sich der vermeintliche Rechtsverletzer verpflichten, für jeden Fall einer künftigen, neuen Rechtsverletzung eine drakonische Vertragsstrafe zu bezahlen. Die Unterlassungsverpflichtungserklärungen, die in der Anlage als Vorschlag beigefügt werden, sind dabei häufig so weitgehend, dass sogar Vertragsstrafe für eine bisher unentdeckte Rechtsverletzung geschuldet sein könnte und im Übrigen wichtige Einwendungen hinsichtlich des Vertretenmüssens unberücksichtigt bleiben. Die Erklärungen bedürfen daher in der Regel wichtiger Einschränkungen.

Bei der Frage, ob überhaupt eine Erklärung abgegeben werden muss, spielt die Beurteilung der sog. Störerhaftung eine wichtige Rolle. Die Rechteinhaber wenden sich in der Regel an den Anschlussinhaber ohne Rücksicht auf die Tatsache, ob dieser persönlich eine Rechtsverletzung begangen hat oder nicht. Die Rechteinhaber vermitteln dabei den Eindruck, dass der Inhaber eines Internetanschlusses stets für sämtliche Rechtsverletzungen haftet, die über diesen Anschluss begangen werden. Schlichtweg falsch. Die in der Rechtsprechung entwickelte Störerhaftung setzt stets voraus, dass eine zumutbare Überwachungspflicht verletzt worden ist. Es kommt also darauf an, wer und unter welchen Umständen Rechte verletzt hat. Hier haben die Gerichte teilweise widersprüchliche Anforderungen aufgestellt. Fakt ist jedoch, dass zahlreiche Konstellationen existieren, bei denen ein Anschlussinhaber gerade nicht für jede Rechtsverletzung haftet, die über seinen Internetanschluss begangen wird.

Die Rechteinhaber sind gerade bei den Grenzbereichen zurückhaltend mit der Herbeiführung einer gerichtlichen Klärung. Allzu oft haben die Gerichte Grundsatzentscheidungen getroffen, die sich wie ein Freibrief für bestimmte Konstellationen lasen und schließlich dazu führten, dass sich sämtliche Abgemahnte auf genau jene Konstellation beriefen. Dies betraf beispielsweise die Rechtsverletzung durch volljährige Kinder, Ehepartner oder Untermieter. Komplexer wird es hingegen bei minderjährigen Kindern.

Der Gegenstandswert bei Unterlassungsansprüchen wurde in manchen Schreiben mit 10.000,00 € je Musiktitel angegeben. Tatsächlich gab es derartige Streitwertfestsetzungen in Fällen, wo lediglich die Verletzung von 3 Titeln eingeklagt war. Gerade bei Verletzungen von mehr als 100 Titeln muss jedoch nicht mit einem Gegenstandswert von 10.000,00 € je Titel gerechnet werden. Die Gegenstandswerte und die sich daraus ergebenden Kosten sind jedoch in jedem Fall erheblich.

Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten

Die Rechteinhaber machen geltend, dass ihnen auf Grund des beinahe unendlich scheinenden Gegenstandswertes auch entsprechend unendliche Rechtsanwaltskosten zur Erstattung zustehen. Teilweise wird bei den ersten Abmahnschreiben lediglich eine einfache 1,0 fache Rechtsanwaltsgebühr in Ansatz gebracht und angekündigt, dass bei jeglicher Gegenwehr eine Kostenerhöhung stattfinden würde. Auffälligerweise wird der tatsächliche Gegenstandswert selten ausdrücklich beziffert, sondern nur deren Berechnungsgrundlage angegeben.

Tatsächlich folgt der Anspruch auf Kostenerstattung in wesentlichen Zügen dem Unterlassungsanspruch. Es kommt also nicht auf ein Vertretenmüssen durch fahrlässiges Handeln an.

Der Gesetzgeber hat in der letzten Legislaturperiode eine Begrenzung von Abmahnkosten ins Gesetz eingefügt, die von den abmahnenden Anwälten schlichtweg ignoriert wird. Nach § 97 a UrhG wird der Erstattungsanspruch für Rechtsanwaltskosten bei einfachen Verstößen auf 100,00 € begrenzt. Hierzu führen die Abmahner an, dass ein solcher, einfacher Fall, den der Gesetzgeber regeln wollte, eigentlich nie vorläge, da stets ein Handeln im gewerbsmäßigen Umfang vorliegen würde. Die hierzu ergangene Rechtsprechung ist bisher spärlich und die Rechteinhaber vermeiden es offensichtlich auch, die Frage einer gerichtlichen Klärung zuzuführen. Es könnte ja herauskommen, dass das Gesetz tatsächlich zur Anwendung kommt.

Schadensersatz

Die Rechteinhaber machen Ansprüche auf Schadensersatz geltend und bringen dabei Schlagwörter wie Schadensersatz nach Lizenzanalogie. Der Einwand, man habe doch gar keinen Schaden verursacht, da man das herunter geladene Musikstück nie im Leben gekauft hätte (oder jetzt erst recht kaufen würde) verfängt nicht. Die Rechteinhaber machen geltend, dass man denjenigen Lizenzpreis zahlen müsste, der bei ordnungsgemäßer Lizenzierung für die Bereitstellung zu zahlen gewesen wäre. Interessanterweise existiert zu diesem Anspruch überhaupt keine aussagekräftige Rechtsprechung, da der Anspruch kaum gerichtlich verfolgt wird. Wir sind der Auffassung, dass die bestehende Rechtsunsicherheit aus Sicht der Rechteinhaber eine bessere Abschreckungswirkung hat, als eine tatsächliche, rechtliche Klärung, wenn es darum geht, hohe Vergleichszahlungen durchzusetzen.

Vor allem verschweigen die Rechteinhaber, dass der Schadensersatzanspruch im Gegensatz zu den vorgenannten Ansprüchen nicht mit einer Störerhaftung begründet werden kann. Schadensersatzpflicht setzt stattdessen ein schuldhaftes, eigenes Handeln voraus, was vor allem bei einer Verletzung durch einen Dritten selten vorliegt und noch schwerer zu beweisen ist.

Auskunftsansprüche

Das Urheberrecht sieht eine ganze Vielzahl von Auskunftsansprüchen für den Fall der Verletzung von Urheberrechten vor. Hier sind die Voraussetzungen genau zu überprüfen, obwohl die Ansprüche häufig nur geltend gemacht werden, um Druck auf die Abgemahnten auszuüben. Große Vorsicht ist geboten, wenn der Anschlussinhaber sich selbst zu Lasten eines Angehörigen zu entlasten versucht. Dies kann im Ergebnis auch dazu führen, dass jemand anderes zusätzlich in Anspruch genommen wird.