Urteilsgründe zu Filesharing BGH-Urteil Morpheus veröffentlicht

16.04.2013

BGH Urteil Filesharing Morpheus UrteilsgründeIm vergangenen Jahr hat der Bundesgerichtshof nach der bekannten Entscheidung "Sommer unseres Lebens" (mehr Informationen hier), in der er wichtige Grundsätze zum Anscheinsbeweis bei der Täterhaftung und den Pflichten des Anschlussinhabers hinsichtlich einer Störerhaftung aufgestellt hat, erneut zum Thema Filesharing zu urteilen gehabt.

In der Entscheidung "Morpheus" aus dem November 2012 klärt der BGH, dass Eltern nicht grundsätzlich wegen Verletzung der Aufsichtspflicht haften, wenn eines ihrer Kinder über so genannte Tauschbörsen Urheberrechte verletzt und wegen der bloßen Möglichkeit nicht der Zugang zum Internet gesperrt oder umfangreiche Absicherung eingerichtet werden muss (wir berichteten bereits über die Pressemitteilung hier). Inzwischen wurden auch die ausführlichen Urteilsgründe des Gerichts veröffentlicht.

Bislang standen nur die Vorabinformationen des BGH zur Verfügung, Anwälte und Betroffene haben der genauen Begründung der Richter jedoch mit Interesse entgegengesehen. Der Volltext des Urteils vom 15.11.2012, Az.: I ZR 74/12, ist nun über den Bundesgerichtshof hier abrufbar.

Das Gericht stellt darin ausführlich dar, dass Eltern nicht in jedem Fall und BGH Morpheus Urteil Haftung Urheberrechtsverletzungunbedingt haften, wenn ihre Kinder trotz ausdrücklicher Verbote Filesharing betreiben. Es komme, so die Richter, immer darauf an, ob die Aufsichtspflicht im Einzelfall verletzt worden sei. Dies richte sich vor allem nach der Einsichtsfähigkeit des Kindes und dessen Beachtung grundsatzlicher Verbote der Eltern.

Wichtig ist dabei vor allem, dass der BGH der Ansicht eine klare Absage erteilt, die in jedem Fall die Einrichtung von Sicherheitsprogrammen und monatliche Rechnerkontrollen gegenüber Kindern verlangt. Dies werde nur verlangt, wenn die Eltern konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass ihr Kind Rechtsverletzungen im Internet begeht. Der Grundsatz gelte, da möglicher Schaden aus Urheberrechtsverletzungen zwar groß sein mag, jedoch die Gefahr aus verantwortungslosem Handeln im Straßenverkehr beispielsweise sehr viel höher sei.

Dem könne auch nicht entgegengehalten werden, dass Kinder tatsächlich rein erfahrungsgemäß manchmal zur Missachtung von Vorgaben neigen. Im Rahmen der elterlichen Aufsicht sei nämlich die Erziehung zu selbstständigem und verantwortungsbewusstem Handeln zu berücksichtigen. Daher genüge bei einem entsprechend einsichtsfähigen Kind eine umfassende Belehrung, um die Aufsichtspflicht nicht zu verletzen und nicht aus diesem Grund als Eltern zu haften.

Im konkreten Fall wollten die Rechteinhaber ein entsprechendes Wissen der Eltern von den Urheberrechtsverletzungen daraus konstruiert haben, dass auch ein Ordner mit der Bezeichnung "Papas Music" auf dem Rechner des Kindes war. Ein Nachweis ließ sich damit jedoch nicht führen, nachdem der Vater erklärt hatte, dass er diese Musik von eigenen CDs zum privaten Gebrauch auf den Rechner überspielt hatte, bevor dieser dem Kind überlassen worden war.

Haftung Eltern Filesharing Kinder Aufsichtspflichtverletzung 

Der BGH hat auch in dieser Entscheidung wieder herausgestellt, dass nur ein Anscheinsbeweis dafür spreche, dass Anschlussinhaber als Täter haften würden. Wird dieser entkräftet, beispielsweise durch die ernsthafte Möglichkeit, dass ein Dritter die Rechtsverletzung über den Anschluss begangen hat, bleibt es jedoch bei der Beweislast der Rechteinhaber, die im konkreten Fall keinen Nachweis für täterschaftliches Handeln oder einer Teilnahme bringen konnten.

Selbst wenn es natürlich dabei bleibt, dass die Beurteilung immer im Einzelfall erfolgen muss und von den konkreten Personen und getroffenen Maßnahmen abhängt, bieten die Urteilsgründe doch einige interessante Anhaltspunkte für eine Argumentation in Filesharing-Fällen. Die Tendenzen des BGH in den bisherigen Fällen sind insofern für Betroffene wirklich begrüßenswert.

Update 27.09.2013

Einen aktuellen Videobeitrag zur Morpheus-Entscheidung des BGH finden sie hier.