Welche Strategie soll ich wählen?

Braucht eine Unterlassungserklärung ein ausführliches Anschreiben?

Die Mehrzahl der Abgemahnten wählen die Strategie der Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung unter Verwahrung gegen die Abmahnkosten. Für diese stellt sich die Frage, ob es ausreicht und vielleicht sogar am günstigsten ist, diese Erklärung ohne weitere Angaben zur Sache abzugeben oder ob es für den Erfolg der Strategie darauf ankommt, die Zurückweisung der Ansprüche zu begründen. Wie immer gibt es Vor- und Nachteile, die gegeneinander abzuwägen sind.

Die kommentarlose Abgabe der modifizierten Unterlassungserklärung hat zunächst 2 durchaus relevante Vorzüge.

  1. Die Lösung ist besonders einfach, schnell realisiert und erfordert nur die rechtliche Prüfung rund um die Abänderung der Unterlassungserklärung.
  2. Wer keine Angaben zur Sache macht, kann nichts Falsches sagen, was gegen ihn später verwendet wird.

Allzu häufig reden und schreiben sich Abgemahnte um Kopf und Kragen, indem sie die Verantwortung von sich weisen, damit aber im Ergebnis erst die Argumente für eine eigene Verurteilung liefern. Viele Abgemahnte suchten ihr Heil in bestimmten Einzelfallentscheidungen und beriefen sich darauf, dass bei ihnen die gleiche Konstellation vorlag, beispielsweise Download durch Kinder oder über ein ungeschütztes WLAN.

Welche Vorteile bietet also eine Einlassung zur Sache durch den Betroffenen oder dessen Anwalt? Wir sind der Auffassung, dass eine richtige Einlassung und Argumentation das Risiko einer gerichtlichen Geltendmachung erheblich absenken kann. Wer schon davon ausgeht, dass auch nach unkommentierter Abgabe der Unterlassungserklärung die Angelegenheit auf sich beruhen wird, hat zunächst die Statistik auf seiner Seite (die wenigsten Fälle gehen zu Gericht) und wird diesen zusätzlichen Nutzen daher sehr genau mit dem Aufwand und den Kosten einer ausführlichen Einlassung abwägen.

Hier sind die Gründe, warum die ausführliche Einlassung das Klagerisiko vermindern kann:

1. Gegner erkennt erhöhtes Risiko des Unterliegens

Die Abmahner treffen im Laufe des Verfahrens die Entscheidung, ob eine Angelegenheit weiterverfolgt oder aufgegeben wird. Am Anfang, steht für diese Frage nur eine IP-Adresse und eine Anschrift zur Verfügung. Der Rechteinhaber weiß zunächst wenig über den Fall, den Anschlussinhaber, seine Bereitschaft und Fähigkeit sich zu wehren und dessen Zahlungsfähigkeit. Die Filesharing-Fälle sind vor Gericht zunächst offen und für beide Seiten zu gewinnen. Die Abmahner haben sich daher nach Möglichkeit solche Konstellationen herausgesucht, bei denen mit keinen ernsthaften, rechtlichen Problemen zu rechnen ist, es sei denn, man wollte eine Musterentscheidung herbeiführen.

Durch eine fundierte Einlassung kann dem Abmahner signalisiert werden, dass

  • a)       der Abgemahnte über die nötige Kompetenz verfügt und
  • b)      eine Fallkonstellation zur Diskussion steht, bei der ein Obsiegen für den Rechteinhaber unwahrscheinlich ist.

2. Gegner erkennt das Risiko eines Ausfalls in der Vollstreckung

Selbst ein gewonnener Prozess bringt für Rechteinhaber nur Kosten, wenn beim Gegner nichts zu holen ist. Sogar die Gerichtskosten müssten in diesem Falle von dem Sieger getragen werden. Aus diesem Grund ist mangelnde Zahlungsfähigkeit häufig der beste Schutz vor einer gerichtlichen Inanspruchnahme und schlagkräftiges Argument bei Verhandlungen. Wenn wir ein Mandat im Rahmen der Beratungshilfe übernehmen, weisen wir die Gegenseite auf diesen Umstand hin. Auch andere Aspekte, die auf eine Bedürftigkeit hinweisen, können den gleichen Effekt erzielen. Dieses Argument ist völlig unjuristisch und eine rein praktische Erwägung, die jedoch gerade beim professionellen Forderungseinzug unbestrittener Forderungen ein wichtiges Entscheidungskriterium ist.

3. Gegner erkennt Gefahr von Gegenansprüchen oder Gegenanträgen

Manchmal muss sich die Verteidigung nicht nur auf die Abwehr von Ansprüchen beschränken, sondern kann auch darin bestehen, eigene Ansprüche geltend zu machen oder für den Fall einer Klageerhebung anzudrohen. Werden solche Anträge schon außergerichtlich angekündigt, weiß der Gegner, dass er im Falle einer Klageerhebung nicht nur mit seinem eigenen Antrag unterliegen könnte, sondern selbst verurteilt werden könnte.

Solche Gegenansprüche können Ansprüche auf Schadensersatz, Schmerzensgeld, negative Feststellung oder Erstattung von Rechtsanwaltskosten sein. Denkbar ist auch die Androhung von Strafanzeigen gegen die Rechteinhaber oder deren persönlich handelnden Vertreter, sofern ein entsprechender Anfangsverdacht vorliegt.

Bei der Vielzahl der gerichtlich verfolgbaren Fälle werden potentielle Kläger nicht unbedingt jene Fälle auswählen, die das größte Schadenspotential für den Kläger verspricht.

4. Abgemahnter erfüllt Verpflichtungen zur sekundären Darlegungslast

Derjenige, der sich auf die Tatsache beruft, dass er selbst nicht die Urheberrechtsverletzung begangen hat, ist nach Auffassung einiger Gerichte verpflichtet, zur Ausräumung der Störerhaftung Angaben darüber zu machen, warum er als Täter nicht in Betracht kommt und welche Vorkehrungen er zur Verhinderung von Rechtsverletzungen getroffen hat. An dieser Stelle können die meisten Fehler unterlaufen, sodass dieses Vorgehen auch bei schlechter Beratung Risiken mit sich bringt.

Insgesamt bietet die qualifizierte Einlassung in Kombination mit der modifizierten Unterlassungserklärung einen guten Schutz vor gerichtlicher Inanspruchnahme. Da dieses Vorgehen jedoch meistens die Einschaltung eines Anwaltes erfordert, müssen die hierbei entstehenden Kosten zum Nutzen ins Verhältnis gesetzt werden.

Gelegentlich werden wir gefragt, ob wir die anwaltliche Vertretung anzeigen können und ohne nähere Ausführungen die Unterlassungserklärung abgeben, um hierdurch Kosten und Aufwand zu sparen. Die Überlegung dahinter ist sicherlich, dass schon die Anzeige eines spezialisierten Anwaltes zumindest den unter Ziffer 1. beschriebenen Effekt der Kompetenzdemonstration erzielt. Ob wir diese Reputation für uns in Anspruch nehmen können, mag dahinstehen. Im Grunde ist auch ein solches Vorgehen denkbar und führt auch zu verminderten Kosten.

Fazit:

Die in Diskussionsforen häufig empfohlene Strategie der Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung ohne nähe Ausführungen ist eine häufig praktizierte Variante unserer Strategie Nummer 4. Bei richtiger Anwendung sehen wir jedoch gewisse Vorteile in einer substantiierten Zurückweisung; vor allem dann, wenn dabei auch Gegenansprüche geltend gemacht werden.

cease-and-desist order: "Abmahnung" in English?

You received a cease-and-desist order, in German "Abmahnung", and require help to handle the matter? Did you encounter diffculties to understand the letter or the remedies raised against you? You have no idea as what to do about the "Strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung", which is a declaration to cease-and-desist? 

We are able to provide help to you, and will perform a consultation in English as well. Just contact our lawyers via email or phone.

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Die Gegenabmahnung beim Filesharing

Im Wettbewerbsrecht ist es ein beliebtes Manöver, den Abmahner selbst mit Gegenansprüchen zu konfrontieren und gegenseitige Ansprüche in Aufrechnung zu bringen. Beim Filesharing fehlt es meistens an einem nachweisbaren Verstoß der Rechteinhaber. Trotzdem bieten die Abmahnschreiben mit offenkundig überzogenen Unterlassungserklärungen gute Vorlagen für einen Gegenangriff.

Manche Abmahnanwälte machen nämlich Unterlassungsansprüche gleich für das gesamte Werkportfolio des Rechteinhabers geltend, die ihnen unter keinen Umständen zustehen können. Die Geltendmachung von erkennbar unberechtigten urheberrechtlichen Ansprüchen kann dabei Kostenerstattungsansprüche für den Abgemahnten auslösen, die die geltend gemachten Schadensersatz- und Abmahnkosten bei weitem übersteigen. In jedem Fall steigt das Risiko für die Abmahner im Falle eines gerichtlichen Prozesses nicht nur mit den eigenen Ansprüchen zu unterliegen, sondern selbst zahlen zu müssen.

Voraussetzung für die Geltendmachung von Gegenansprüchen ist die schuldhafte unberechtigte Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen. Diese besteht häufig darin, dass die Abmahnanwälte nicht nur die Abgabe einer ausreichenden, sondern einer ganz bestimmten Unterlassungserklärung verlangen. Wenn diese sich dann nicht nur auf das angeblich verletzte Werk, sondern auf sämtliche Werke des oder der Rechteinhaber erstreckt, machen die Abmahnanwälte einen Anspruch geltend, der den Rechteinhabern selbst dann nicht zustünde, wenn die behauptete Verletzungshandlung vorläge. Unterlassungsansprüche bestehen nämlich nur bei Bestehen einer Wiederholungsgefahr, was bereits begrifflich eine Verletzungshandlung voraussetzt. Die Verletzung eines Werkes begründet dabei jedoch keine Wiederholungsgefahr für andere Werke. Zu beachten sind jedoch Ansprüche wegen einer Erstbegehungsgefahr.

Wir fordern die Abmahner bei einer zu weit gehenden Anspruchsgeltendmachung mit Fristsetzung auf, die Nichtverfolgung der zu weit gehenden Ansprüche rechtverbindlich zu erklären. Erfolgt diese Erklärung nicht, kann eine negative Feststellungsklage erhoben werden und die Erstattung der Abwehrkosten geltend gemacht werden.

Alleine die Tatsache, dass die der Abmahnung beigefügte Unterlassungserklärung weiter geht als die gesetzliche Verpflichtung, rechtfertigt noch keine Gegenabmahnung. Vor allem wird eine Abmahnung nicht dadurch unwirksam, dass zu weit gehende Unterlassungsansprüche geltend gemacht werden. Fehler bei der Abmahnung sind also noch kein Grund, sich zurückzulehnen und das gerichtliche Verfahren abzuwarten.

Wie gehen die Fälle aus?

Der Ausgang der Fälle hängt zum Teil von der eingeschlagenen Strategie ab. Das Standesrecht verbietet es uns, Erfolgsquoten anzugeben. Bei der Frage soll es ja aber auch nicht um die individuelle Leistung unserer Kanzlei, sondern den allgemeinen Ausgang der Fälle gehen. Hierzu können wir sagen, dass die Rechteinhaber von der gerichtlichen Verfolgung ihrer Ansprüche zumindest in den Fällen abgesehen haben, wo eine spezialisierte anwaltliche Vertretung angezeigt wurde.

 

Dennoch zeigt die Vielzahl der ergangenen gerichtlichen Entscheidungen, dass gerichtliche Verfahren stattfinden und dies nicht lediglich Musterprozesse sind. Eine umfassende gerichtliche Verfolgung findet jedoch in Anbetracht der rechtlichen Risiken für die Rechteinhaber nicht statt.

 

Eine Prognose für die Zukunft lässt sich aus dem Verhalten der Vergangenheit nicht seriös ableiten. Die Rechtsprechung ist noch stark in Bewegung, so dass gerade zu Fragen der Störerhaftung Entwicklungen in beide Richtungen möglich sind, die das Parteiverhalten beeinflussen können.

Wann kann ich sicher sein, dass nichts mehr kommt?

Wenn Sie die geltend gemachten Ansprüche nicht vollständig befriedigt haben und die Ansprüche zurückgewiesen haben, werden Sie keine Verzichts- oder Kapitulationserklärung der Rechteinhaber bekommen. Ansprüche verjähren mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, welches auf die Kenntnisnahme des Verstoßes folgt. Verstöße, die im Jahr 2010 bekannt wurde, verjähren daher am 31.12.2013. Endgültige Sicherheit hat man also erst bei Verjährungseintritt. Sie haben zum Ende 2009, als unsere 2006-Fälle verjährten, noch einige Androhungen von gerichtlichen Maßnahmen aus der Kanzlei Rasch erhalten. Diese erwiesen sich jedoch als unbegründet. Obwohl einige Mandanten kurz verunsichert waren, wurde keiner der Ansprüche gerichtlich weiterverfolgt.

 

Obwohl die Korrespondenz meistens schon nach einigen Wochen abebbt, führen wir die Akten bis zu einer ausdrücklichen Erledigung oder dem Eintritt der Verjährung.